Die Schallplatte ist eine Fortentwicklung der ersten technischen Methode, mit der ein Menschheitstraum verwirklicht wurde: Schall aufzeichnen, speichern und zu einem späteren Zeitpunkt wiedergeben. Die dahinter stehende Idee ist eigentlich ganz simpel: So wie die Luft als Trägermedium des Schalls schwingt, so schwingt im Grunde auch die Membran eines Empfängers solcher Schallwellen, also das Trommelfell oder eine Mikrofonmembran. Befestigt man an einer solchen Membran eine kleine Nadel, so kann diese Nadel die Schwingungen in ein weiches Material ritzen, beispielsweise in eine Wachsrolle. Die entstehende Rille auf dieser Wachsrolle kann wiederum von einer Nadel ausgelesen und von einer Membran wieder in Schall gewandelt werden. Thomas Edison erfand erstmals 1877 einen solchen Phonographen.
Mit Einführung der CD Anfang der 1980er Jahre verlor die Schallplatte immer mehr an Bedeutung, wobei die Blütezeit der CD auch schon längst wieder vorbei ist, abgelöst zuerst von Mp3 und aktuell vom Streaming.
Allen Unkenrufen zum Trotz haben jedoch all diese digitalen Formate der Schallplatte nicht den Garaus machen können. Interessanterweise wurde ihr dabei vor allem in einer ansonsten eher nostalgiefernen Umgebung die Treue gehalten: in Clubs und Diskotheken von den dortigen DJs.
Seit etwa 2012/2013 steigen die Verkaufszahlen sogar wieder, auch wenn die Schallplatte ein Nischenprodukt bleibt. Dies mag mit einem Umstand zusammenhängen, den Jack White, Frontmann der White Stripes, wie folgt beschrieben hat „Vinyl ist die romantische Art Musik zu hören, es ist das andächtigste Format. Du musst teilnehmen, aufstehen, die Nadel platzieren. Wie ein Lagerfeuer, in das man hineinstarrt, es bewegt sich etwas.“
Zu diesem ganzheitlichen Musikhören mittels einer Schallplatte gehört das Betrachten und Studium der Schallplattenhülle. Die Gestaltung dieser Hülle hat sich beginnend mit den 1940er Jahren immer mehr zu einer eigenen Kunstform entwickelt. Es ist sicher kein Zufall, dass deren Blütezeit in eine Zeit fiel, in der in allen Musikrichtungen Musik produziert wurde, die nach wie vor Referenzcharakter hat. Im kollektiven Gedächtnis sind diese Musikwerke oftmals untrennbar mit deren Albumhüllen verbunden: Dark Side of the Moon, Sgt. Peppers, The Wall, Sticky Fingers …, die Liste ließe sich beliebig fortsetzen.
Mit der künstlerischen Gestaltung wird der damit umhüllten Musik eine Bedeutung und ein Wert gegeben. Die viel kleineren Hüllen einer CD und die noch kleineren „Thumbnails“ auf den Streamingportalen können diese Werthaltigkeit nicht vermitteln. Hinzu kommt, dass mit dem Streamen die Musik zwar überall und jederzeit verfügbar ist, sie aber einem nicht mehr „gehört“. Nimmt der Anbieter die Musik aus seinem Angebot, war es das mit dem Musikgenuss.
Digitale Formate kommen und gehen in rasantem Tempo. Dafür befinden sich seit 1977 zwei analoge Datenplatten – auch mit Musik – als Anhängsel der Voyagersonden 1 und 2 auf dem Weg ins All und haben mittlerweile unser Sonnensystem verlassen. Die Datenplatten wurden als Botschaften in der Hoffnung hergestellt, etwaige intelligente, außerirdische Lebensformen könnten dadurch von der Menschheit und ihrer Position im Universum erfahren.
Kaum auszudenken, wie ein Außerirdischer auf die Musik von J.S. Bach und Chuck Berry reagiert. Einer von beiden wird aber in jedem Fall in ihm den dringenden Wunsch auslösen, hiervon mehr zu hören und sich auf die Reise zur Erde zu begeben. Gut, wenn er dann noch ein paar LPs hier vorfindet…